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Tod eines "Versöhners"?

Der Tod von Franz Olah am 4. September 2009 im Alter von 99 Jahren führte ungeachtet des allgemeinen Würdigungsmotives zu unterschiedlichen Markierungen. Laut stephanscom.at trug Olah wesentlich zur Überwindung der Schranken zwischen SPÖ und Kirche bei. Tatsächlich hatte schon Franz König bei Olahs 90. Geburtstag vor 9 Jahren den „Baumeister der Versöhnung“ hervorgehoben. In Ö 1 wurde zutreffender formuliert: Der langjährige ÖGB Präsident war „auch ein Polarisierer“.

Franz Olah hat nicht nur bei den Kommunisten polarisiert, die ihn schon im KZ nicht leiden konnten (warum, werden wir wohl nie erfahren), sondern auch Wände gegen Liberale, Freidenker und Intellektuelle aufgerichtet. Olah war ja nicht nur ein konservativ empfindender Sozialdemokrat, sondern auch ein Kalter Krieger und eine freiwillige Inkarnation des „Hausmeisters“. Diese Rolle spielte er vor allem deshalb so gern, weil er dadurch den Kleinen Mann von der Straße gezielt hinter sich versammeln konnte. Er war ein Liebling der Kronen Zeitung und ein Förderer der FPÖ. Dass er mit seinem, von ihm selbst gestalteten Image nicht unbedingt hätte scheitern müssen, zeigt das Jahr 1966, wo nicht er in den Straßen Wiens, sondern sein Widersacher Christian Broda „die Watschen von der Bevölkerung“ erhielt.

Der Großen Kirche mag eine Persönlichkeit wie Olah gefallen, aber moderne Medien müssen ihn nicht bewundern. Olah war kein Mann der Vielfalt, er verwendete eine brutale und überdeutliche Sprache. In einem Fernseh-Interview mit Helmut Zilk erinnerte er sich an die „Radikalität“ der Freidenker in den 20 er Jahren – diese Rücksichtslosigkeit, mit der hier die Trennung von Staat und Kirche verlangt wurde und die Leute bei Kirchenaustritten beraten wurden, waren für Olah schrecklich. Er merkte gar nicht, dass er die andere Seite vergessen hatte, sodass ihn Zilk daran erinnern musste: „Und die Radikalität der politisierenden Priester!“ – „Ja auch die!“

stephanscom.at formulierte trefflich: So sei es nach 1945 mit Hilfe des späteren Bundespräsidenten Adolf Schärf gelungen, einen Antrag auf Anerkennung der Freidenker als SPÖ – Parteiorganisation abzuwürgen. Hier wurde Oskar Helmer ganz vergessen. Er schaffte es durch einen juristischen Trick, dass dem Freidenkerbund Österreichs das 1933 enteignete Vermögen nicht restituiert wurde. Olah – Schärf – Helmer! Die ÖVP brauchte keinen Finger zu rühren, um diese „Störenfriede“ der österreichischen Gesellschaft, die in jeder funktionierenden Demokratie vorkommen, zum Verschwinden zu bringen. ««

Martin Luksan