DAS IST DIE HOMEPAGE VON MARTIN LUKSAN UND DES VEREINS FÜR RHETORIK UND BILD

 
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Die Auferstehung des Michael Jackson


Bald nach dem Tod des Superstars verbreiteten sich Gerüchte denen zu folge Michael Jackson noch am Leben sein soll. Mehrere Personen behaupten ihn gesehen zu haben, andere wiederum hatten zwar noch keine Jackson-Erscheinung, glauben aber dennoch nicht an dessen Tod.

Man ist hier mit einem interessanten psychologischen Phänomen konfrontiert, nämlich einer speziellen Form der Realitätsverweigerung. Da man den Tod des beinahe als göttlich verehrten Superstars nicht verkraften möchte, wird dessen physische Weiterexistenz mit einer derartigen Intensität herbeigesehnt, dass es sowohl zu (mehr oder weniger rationalen) Auferstehungsmythen als auch zu regelrechten Halluzinationen kommen kann. Das berühmteste Beispiel der Musikwelt hierfür ist der „King of Rockn´Roll“, dessen Erscheinungen in Amerika fast an der Tagesordnung zu sein scheinen. Als Beispiel in der Politik sei Adolf Hitler erwähnt, wo die Spekulationen von der Flucht in den Himalaya bis zur Entführung durch Außerirdische reichen.

Bei den beiden genannten Personen handelt es sich um Menschen, deren Verehrung schon zu Lebezeiten religiöse Züge aufwies. Diese spezifische Realitätsverweigerung weist aufschlussreiche Analogien zur Auferstehung von Jesus auf. Auch er verfügte über eine fanatisierte Fangemeinde, die an ihn und seine Vision des messianischen Reiches glaubte. Sein überraschender Tod am Kreuz muss für die Anhänger eine ähnliche Wirkung gehabt haben wie das Ende der klassischen Sowietunion für die Kommunisten. Es ist daher verständlich, dass dieses Geschehen, welches mit der betreffenden Weltsicht unvereinbar ist, von vielen Anhängern nicht realisiert werden konnte. So konnte sich zuerst der Mythos vom leeren Grab bilden, der in weiterer Folge zu mehreren persönlichen Begegnungen mit dem Auferstandenen führte. Diese treten dann in einer Intensität auf, dass es aus heutiger Sicht fast unmöglich erscheint, dem Auferstandenen damals nicht zu begegnen.

Wir haben durch das plötzliche Ableben des „King of Pop“ allem Anschein nach die Möglichkeit, das Entstehen einer neuen Religion zu verfolgen, deren wesentlicher Inhalt die physische Unsterblichkeit von Michael Jackson sein dürfte. In Anbetracht dieser offensichtlichen Analogien zum Christentum ist es spannend die weitere Entwicklung der Jackson-Religion zu beobachten. Konkret sind folgende Fragestellungen von besonderem Interesse:
- Welche universelle Heilslehre wird ihm angedichtet?
- Wie organisiert sich die Glaubensgemeinschaft?
- Wann wird er selbst zum Gott und seine Mutter zur Jungfrau erklärt?
- Wann werden die ersten Dogmen formuliert?
- Wie lange dauert es bis zum ersten Kreuzzug und den ersten Ketzerverfolgungen?
- Welche Todes-Reliquien oder Fetische werden etabliert? Tragen die Gläubigen in    Zukunft – analog zum Kruzifix - Propofol - Imitationen aus Holz oder Metall um ihren    Hals, die sie regelmäßig anbeten?
- Wird Jacksons Leibarzt in dieser Religion eine ähnliche Rolle spielen wie Judas im    Christentum?
- An welcher Universität wird der erste Lehrstuhl für Jacksonologie eingerichtet?
- Und schließlich die – für uns - entscheidende Frage: Wann wird diese   Glaubensgemeinschaft in Österreich staatlich anerkannt?

Nachtrag:

Religionshistorisch ist auch die Frage relevant, ob der Tod und die Auferstehung des „King of Pop“ das Ende des Christentums bedeuten könnte. Hier dürfen wird nicht zu viel erhoffen, denn das eine kann neben dem anderen bestehen, obschon die inhaltliche Konkurrenz offen zutage tritt. Hierbei hat Jacko zwei Wettbewerbsvorteile: Zum einen stößt er – anders als der Christengott – einen Teil des religiösen Publikums nicht durch Grausamkeit und Gewalttätigkeit ab (er ist – in seinen Werken! - immer für Frieden und Toleranz eingetreten), zum andern bietet er eine viel größere Identifikationsfläche für Anhänger als der ja doch mit Bart assoziierte Gottvater. Sowohl ethnisch und rassisch wie auch geschlechtspezifisch. Man kann hier wirklich – in Abwandlung eines Spruches des Schauspielers Richard Gere - sagen: Aus einem armen, schwarzen Mann haben Gesellschaft und Technik in den USA beinahe eine reiche, weiße Frau gemacht. 
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Ronald Bilik