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 REZENSIONEN


Anton Szanya
Der Traum des Josef Scheicher
Staatsmodelle in Österreich 1880 - 1900

Eine Rezension von Ronald Bilik

Der für diese Epoche ausgewiesene Experte Anton Szanya bietet in diesem Werk eine Bestandsaufnahme und Analyse vergessener Ideologien und Staatsmodelle. Der Schwerpunkt der Auseinandersetzung liegt in der Behandlung der christlich-sozialen Bewegung im 19. Jahrhundert. Ausführlich setzt sich Szanya mit den – zu Unrecht - vergessenen Theorien von Wenzel Schober auseinander, der im Unterschied zu Karl Marx die These vertrat, dass das Geld nicht nur eine Ware sei. Die Geldzirkulation dürfe seiner Ansicht nach nicht unterbrochen werden. Der diese Tatsache ignorierende Monokapitalismus und Außenhandel sei ein Schaden für die Gesellschaft. Im Gegensatz zu Wenzel Schober ist der im Titel erwähnte Prälat Josef Scheicher, der ebenso wie Schober ein Weggefährte und Mitstreiter von Karl Lueger war, nur ex negativo interessant. Er verfolgte ständestaatliche Vorstellungen und eine systematische Judenausschaltung. Da Scheicher zeitweise ein enger Mitarbeiter von Lueger war, zeigt Szanya, dass der Luegerismus alles andere als harmlos war.

Sowohl Schober als auch Scheicher blieben im Schatten von Lueger. Ihre Gedanken wurden allerdings nach 1918 scharf gemacht. Die braunschwarzen Mitstreiter von Lueger waren wesentliche Anreger für NSDAP - Programme. Bei Georg Ritter von Schönerer und seinem „Nationalen Sozialismus“ dokumentiert Szanya, dass dieser aus dem Linzer Programm hervorkommt und dann mit seiner „Alldeutschen Partei“ noch vor dem 1. Weltkrieg Schiffbruch erleidet, da für seine Ideologie die Zeit damals noch nicht reif war.

Die drei genannten, denen das Buch seinen Aufbau verdankt, sind Kinder einer Zeit, die die Zukunft teleologisch beschwört. Das Motto dieser Epoche lautete: „Entweder die Probleme werden gelöst oder die Gesellschaft oder das Volk oder der Staat gehen unter.“ Die Stellung der Religion im Staat wog im „Fin de Siecle“ in allen Nationen ungleich schwerer, weil die Eliten damals durch Religion und Kirche legitimiert wurden. Die von Szanya herangezogenen Quellen sind wertvoll, doch der aktuelle Bezug zur EU und auch zum heutigen Österreich, der im Vorwort behauptet wird, ist nur metaphorisch gegeben.

Anton Szanya bietet in seinem neuen Buch, das durch die gut ausgewählten Bilder besticht, eine klare und sukzessive Darstellung jener Zeit, in der die moderne Politik eines Karl Lueger einen Traditionsbruch darstellt.



Anton Szanya

Der Traum des Josef Scheicher;
Staatsmodelle in Österreich zwischen 1880 und 1900.


Innsbruck, Wien, Bozen: Studienverlag 2009
ISBN 978-3-7065-4424-5
256 Seiten, zahlreiche Abbildungen

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