DAS IST DIE HOMEPAGE VON MARTIN LUKSAN UND DES VEREINS FÜR RHETORIK UND BILD


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Warum VDFS ? Seit 1936 haben wir ein Urheberrechtsgesetz in Österreich, das für Regisseure, Kameraleute, Cutter, Ausstatter – und auch Filmschauspieler – ungünstig festgeschrieben ist. VDFS (Verwertungsges. der Filmschaffenden) schuf Abhilfe. Seit 1996. Das krasse Unrecht an den Filmurhebern, deretwegen man einen Film privat überspielt oder über Kabel – und auch im Internet – immer wieder anschaut – wurde und wird aufgehoben. Jetzt soll Der unschickliche Paragraph fallen.
                           Artikel von Martin Luksan


Der unschickliche Paragraph

Als der rührige Produzent der MR Film das Budget für seine Johann Strauß – Serie einst auf die Beine stellte, fragten sich ein paar Leute in der Wiener Filmbranche, was für ein „Paket“ er dem ORF wohl diesmal angeboten hatte. 60 Prozent Leo Kirch und 40 Prozent ORF oder weniger Kirch und dafür ein noch stärkerer Copartner? Niemand wäre auf die Idee gekommen, dass die MR Film selber durch finanzielle Eigenmittel dem Operettenkönig das fernsehgemäße Denkmal hätte errichten wollen. Und es waren auch keine Eigenmittel im Spiel, denn der freie Produzent in Österreich bringt primär seine Arbeitskraft, dann auch seinen Schnittplatz, seine Kameras und seine Autos zum Einsatz, aber nicht sein Geld.

Man muss sich deutlich machen, was das für das „Industrieprodukt Film“ heißt, wenn der Industrielle zwar sein Know How für die Gesamtproduktion gibt, aber die Löhne nicht selber zahlt und auch seinen Industriebetrieb einer Drittperson (die außer ihm und dem Filmkonsumenten existieren muss) in Form von Mietkosten in Rechnung stellt. Das unternehmerische Risiko und der damit verbundene Schutz seiner Investitionen liegt dann nicht auf einer anderen Ebene als etwa beim Filmregisseur oder beim Kameramann, der mit seiner Arbeitskraft als freier Filmschaffender zum Projekt hinzutritt.

Trotzdem gab der Gesetzgeber in Österreich dem Produzenten einen Bonus gegenüber den anderen, freiberuflich am Film mitarbeitenden Personen. Er hatte wahrscheinlich Alexander Korda vor Augen, der nun schon lange tot ist. Der österreichische Filmproduzent hat bei der kommerziellen Auswertung eines Films einen gesetzlichen Vorteil. Um das Unpassende unserer „Cessio Legis“ genau zu sehen, stelle man sich folgenden, halb konkreten Fall vor: Ein Produzent erwirkt beim Filminstitut eine Förderung für einen Dokumentarfilm. Der Regisseur des Films bringt eine halb so große Subvention aus einem Ministerium herbei und der aus dem Burgenland stammende Kameramann legt eine Förderung aus unserem östlichsten Bundesland dazu. Der Produzent sammelt diese Gelder. Er macht den Papierkrieg und zahlt die Honorare für die Filmschaffenden korrekt und ohne große Produzentenspanne für sich selber aus. Dann ist der Film fertig und wird von einem deutschen Sender sofort ausgestrahlt. Aber erst ein Jahr später kauft ein Pay TV – Sender das Recht für die Filmnutzung in seinem Bereich. Der Regisseur wird auf einmal nervös, holt seinen Regievertrag hervor und liest dort unter „Rechte am Werk“: „Der Regisseur räumt dem Produzenten die alleinigen und ausschließlichen, inhaltlich, zeitlich und räumlich unbeschränkten Werknutzungsrechte ein.“ Er verflucht sich selbst und den Produzenten, weil er sich vom neuen Geldregen nicht mehr berieselt wähnt. Doch er liest an einer zweiten Stelle: „Von der vorstehenden Rechtseinräumung ist die Verwertung über Pay TV ausgenommen.“ Und ein dritter Passus am Schluss erinnert ihn daran, dass er die Netto-Erträge aus Pay TV und Verwendung im Internet mit dem Produzenten Fifty Fifty teilen muss.

Nicht auszudenken, wenn diese ausdrückliche Einräumung kommerzieller Rechte im Vertrag gefehlt hätte (und der Produzent kein fairer Mann gewesen wäre). Dann wäre gemäß Paragraph 38 Absatz 1 Satz 1 des Urheberrechtsgesetzes das besagte Auswertungsrecht dem Produzenten alleinig zugefallen. Der Regisseur, der immerhin die Idee und das Drehbuch ins Medium umgesetzt und dabei von Anfang bis zum Ende das Werk in allen Phasen bestimmt hatte, hätte das Recht auf zusätzliche Erträge aus dem Filmwerk verloren gehabt, - und das alles, weil in Österreich der Begriff „Werkschöpfer“ ganz allgemein und höchst merkwürdig gering geschätzt wird.

Martin Luksan, November 2010

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