DAS IST DIE HOMEPAGE VON MARTIN LUKSAN UND DES VEREINS FÜR RHETORIK UND BILD

 
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Wenn ein Schluderer verachtet

Kommentar zu einem „profil“-Artikel über die Freidenker

von
Martin Luksan

Im „profil“, das jetzt der Bank unter dem Giebelkreuz sehr nahe steht, nahm sich ein quicker Autor der österreichischen Freidenker an. Diese hatten Colin Goldner zu einem Vortrag ins NIG eingeladen. Der besagte Autor schreibt: „Nur zaghaft füllte sich der Hörsaal 1“, was bei 150 Zuhörern nur heißen kann, dass nicht alle auf einmal gekommen waren. Schon vor dieser Veranstaltung habe die Website „gottlos.at“ die Nachricht, dass der Dalai Lama „Führer einer Religion“ sei, „die in Tibet jahrhundertelang ein feudales Regime betrieb“ als „Appetizer serviert“. Dh. der Autor hält eine Tatsache für ein Gerücht. Null Interesse für Geschichte. Wenn Colin Goldner so etwas behauptet, macht er sich nach Meinung des Autors „zum Handlanger der chinesischen Propaganda“. Trotzdem fände dieser deutsche Religionskritiker „stets gläubige Zuhörer“, freilich „bei weitem nicht so viele wie der Dalai Lama“.

Der Artikel „Wie denken Gottlose?“ löst sein Titelversprechen nicht ein, weil er bei all den Ausführungen über Säkularisierung da und dort, atheistische Bücherwelle, komische Sager usw. nicht zur Sache kommt. Erst dort, wo das Wort auftaucht „wie Gläubige ticken“, erkennt der Leser, dass es nicht ums Denken, sondern ums Ticken geht. Den richtig tickenden Gläubigen stellt der Autor die nicht richtig tickenden Gottlosen gegenüber. Allen voran den bereits reputierlich gewordenen Schmidt-Salomon, dessen „GBS Stiftung“ noch vor kurzem von der FAZ als „Sekte“ geschmäht worden war. Das hat sich mittlerweile geändert. Der besagte Autor weiß das und gebraucht kein einziges, herablassendes Adjektiv über die GBS. Sie ist jetzt eine „der Aufklärung und dem Humanismus verpflichtete Stiftung“. Daran erkennt der Leser die gehabte Recherche – Arbeit (ein Journalist muss immer wissen, wer wo in der Achtung steht!), doch dieser Autor hat zu wenig an der Sprache gearbeitet. Sie verrät den schreibenden Mietling. Wie unter Zwang schreibt der „profil“ - Autor vom „frecheren Atheismus“ (schon der alte war offenbar frech gewesen) sowie von der „Aggressivität dieses neuen Atheismus“ sowie von der „Forschheit des vorgetragenen Atheismus“. Er bemüht sich nicht, die „Frechheit“ der Atheisten irgendwo ein wenig zu beschreiben.

Auf dem ersten Blick scheint er den „Erosionsprozess den die beiden Großkirchen durchmachen“ (eine wichtigtuerische und fromme Formulierung) von der „Welle des Atheismus“ in Österreich klar getrennt zu haben. Bei genauerer Lektüre fällt dann aber der „hausgemachte, schleichende Wandel“ auf, über den die neue Welle hinwegschwappt. So hat sich dieser Autor nicht entschieden, ob die Säkularisierung eine weltweite oder eine österreichische Sache ist. Er setzt Niko Alm, den verdienstvollen, jungen Ankermann des derzeitigen Atheismus in Österreich, von allen Gruftis und Rechthabern der Freidenkerei ab. Das hat er dem ORF und den größeren Zeitungen abgeschaut (wenigstens einen soll man gut finden!). Alm – das ist sein Mann – mit „durchaus Kreativität und Witz“. Er hat ein Nudelsieb auf dem Kopf als gültiges Passfoto durchgesetzt. Die übrigen Atheisten kommen schlechter weg, werden aber nicht ins Tierreich hinuntergedrückt wie einst bei Joachim Riedl, der alle Namen falsch schrieb und die Freidenker als „Menschen-Zoo“ bezeichnete.

Diese Art von Journalismus, die sich fast nur noch für Zensus und für Ranking interessiert, liefert zwar etwas Einblick in das aktuelle Ansehen einer Person, verschweigt oder vernebelt aber alle Sachverhalte, die die Gesellschaft zeigen, in der der Gegenstand angesiedelt ist. Es ist ein Journalismus, der nach unten tritt und nach oben Komplimente macht. Zb. in die Enquete 2011 über Ethikunterricht im Parlament, zu der keine einzige konfessionsfreie Gruppe eingeladen war, schmuggelten sich laut „profil“ die Freidenker nur mit Hilfe des „grünen Talars“ hinein. In Wahrheit „schmuggelte“ hier niemand, sondern die Grünen (nicht die Freidenker!) setzten die Teilnahme von Heinz Oberhummer durch. Mit einem gänzlich falschen Wort bezeichnet der schreibende Schludermeier den Tatbestand, dass ein konfessionsfreies Kind im Zeugnisfach „Religion“ einen Strich erhielt, dort, wo bei den anderen Kindern ein Einser stand. Diese abweisende Kennzeichnung von Konfessionsfreiheit durch eine Schulbehörde nennt der Autor eine „Verwirrung“.

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