DAS IST DIE HOMEPAGE VON MARTIN LUKSAN UND DES VEREINS FÜR RHETORIK UND BILD

 
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Das Landhaus der Familie Schönborn

Sofort nach dem 30 jährigen Krieg traten die Fürsten, die diesen Krieg so qualvoll in die Länge gezogen hatten, auf neue und friedliche Art hervor. Ein fränkisches Rittergeschlecht - die Schönborns - sammelten mit viel Geld und durch extremen Nepotismus die sogenannten "Reichsstifte". Ein Schönborn, der der Kurfürst von Mainz war, verschaffte einem seiner Brüder die Reichsritterschaft von Reichelsberg. Der nächste "Mainzer Schönborn" - in der nächsten Generation - half einem anderen Schönborn dabei, dass dieser die Reichsgrafschaft von Wiesentheid erheiraten konnte. Das waren reichsunmittelbare Gebiete, die dem Heiligen Römischen Reich direkt unterstanden und als katholische Besitzungen für eine katholische Mehrheit innerhalb des Reiches sorgten.

Lothar Franz von Schönborn hob als Erzbischof von Mainz und als Bischof von Bamberg innerhalb der Reichskirche fünf seiner Neffen in kirchliche Spitzenämter. Da er außerdem der Kanzler des Heiligen Römischen Reiches war, konnte er seinen berühmtesten Neffen sogar in Wien als Reichsvizekanzler durchsetzen. Dieser Neffe, Friedrich Karl, logierte in der damals noch beengten Hofburg und erteilte unzählige Bauaufträge. Die wichtigsten gab er an Johann Lukas von Hildebrand (den Architekten des Belvedere), der nun das Schloss der Schönborn im Weinviertel und eben auch das Gartenpalais nahe des Baches Als vor dem Wiener Schottentor erbaute.

Die Bedingungen für dieses plötzlich einsetzende, raffinierte und großzügige Bauen, das Schlossanlagen in Landschaften und Städte hineinkomponierte, waren nicht optimal. Die Türken waren noch gar nicht endgültig vertrieben, die Ungarn versuchten gerade, das Joch der Habsburger abzuschütteln, die Bayern schlossen sich gerade enger an die Franzosen an, und der Papst kämpfte für seinen Kirchenstaat mit halben Räuberbanden gegen den Kaiser. Da gab es nirgendwo echten Frieden. Die "Kabinettskriege" waren keine Blumenkriege, sondern Schlachten in Feldern, Äckern und vor Stadttoren. 1705 kam Prinz Eugen mit einem dezimierten Heer nach Wien zurück, nachdem er bei Turin eine Schlacht verloren und bei Brescia eine gewonnen hatte, und redet mit Friedrich Karl nur über Schlösser und Gärten. Dieser kaufte 1706 zwei Häuser am Alsergrund und Hildebrandt baute sie ihm um. Er verband sie mit Hilfe seiner Pavillonmethode durch ein schönes Stiegenhaus.

Sommerpalais der Familie Schönborn - Gartenseite
Sommerpalais der Familie Schönborn - Gartenseite

Noch ehe der Schönborn-Fürst das besagte Landhaus als Sommerdomizil bewohnen konnte, ließ er den deutschen Architekten Balthasar Neumann nach Wien kommen, wo dieser mit Hildebrand die Pläne für die Würzburger Residenz verändern musste. Hildebrand selbst war von seinem Bauherrn ganz begeistert. In den Gärten oberhalb des Landhauses züchtete Friedrich Karl das neue Liliengewächs aus der Türkei – die Tulpe. Das Schlösschen selbst stopfte er mit Gemälden voll. 1734 musste er endgültig nach Würzburg umsiedeln, wo er schon eine Zeitlang der dortige Fürstbischof war. Er ließ seinen Hildebrand mit einer Unzahl von Plänen in Wien zurück und kaufte von Würzburg aus das Stadtpalais in der Renngasse für seine Familie.

Nach seinem Tod waren die Schönborns an dem Landhaus nicht mehr interessiert. Ihr Interesse an Botanik war gelöscht. Das Mobiliar und die Gemälde aus dem Landhaus wurden in das Stadtpalais gebracht, darunter "Simsons Blendung" von Rembrandt. Ab 1750 wurde das Palais vermietet, die Gärten wurden abgetrennt und verkauft. Isidore Canevale, der Architekt von Joseph II., wohnte vor seinem Tod in diesem Haus der Schönborns. Dann wurde das Palais in kleinere Wohneinheiten geteilt und eine Baronin richtete in einem Teil der Räumlichkeiten eine Theaterschule ein. Als die Stadt Wien 1862 das Gebäude kaufte, musste sie es restaurieren und auch den Gartenrest herrichten, ehe sie ihn als "Schönbornpark" für die Bevölkerung öffnen konnte.

Das ehemalige Sommerpalais der Schönborn wurde ein Haus für jeden, der es mieten konnte. Die Hochschule für Bodenkultur war eine Zeitlang dort untergebracht, danach das k.k. Oberlandesgericht Wien. Michael Haberlandt etablierte 1917 sein Museum für Volkskunde in dem Palais in der Laudongasse 15 bis 19. Dort findet man die Volkskunde heute noch, vor allem mit Sammlungen aus der bäuerlichen Welt. Eine Schülerin des verehrten Professors überließ dem Museum ihre eigene Sammlung aus europäischen Hochgebirgsregionen, ehe sie als Jüdin 1942 nach Polen deportiert und dort umgebracht wurde. Nun benannte die Stadt Wien eine Gasse im 14. Wiener Bezirk nach Eugenie Goldstern, die sich auf ihre Weise mit dem Haus verbunden hatte.

Schönborngasse -
Hildebrandgasse –
Canevalestraße –
Haberlandtgasse -
Goldsterngasse.

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