Durch ihre Berichte über Helmut Elsner haben die österreichischen
Medien das Maßloswerden eines Finanzmenschen in machtgeladener
Position deutlich vor Augen geführt. Sie haben zwar nicht
das System gezeigt, das eine Karriere a la Elsner in einer Firma
fördert, doch aber eine Szene aus dem Welttheater wiederholt
beschrieben. Die Gier. Der Einzelne tritt mit dem Anspruch auf, Dinge
zu machen, die andere nicht tun dürfen, und wird dabei immer
sicherer und frecher, je höher er (in dem System) hinaufsteigt.
Nun steht der Manager Martin Huber vor dem Richter und man
sieht seinen Elsner–artigen Charakter. Er, der der linken
Reichshälfte als kompromissloser Wirtschaftsmann
früh aufgefallen ist, hat alle Gegnerschaften – und Anfeindungen –
eine Zeitlang gut überstanden. Wolfgang Schüssel hat
ihn als Generaldirektor der ÖBB gegen alle Widerstände
installiert und vielleicht auch mit einer guten Wirkung gerechnet.
Huber hätte bei den Bahnen seine Professionalität und seine Durchsetzungskraft mit starkem Verantwortungsgefühl vereinen
müssen. Stattdessen tätigte er mit den Mitteln der subventionierten
Bahn riskante Finanzgeschäfte und zahlte zusätzliche Lohn- oder Prämiengelder an sich und treue Mitarbeiter. 2008 war dann für
ihn Schluss, er war nicht länger der Chef des Ganzen.
Spekulation mit dem Geld der ÖBB
Das wahrhaft Beklemmende seines kaum geprüften Wirkens
war jedoch sein Sinn für Nebenerwerb, für schnäppchenartige Geschäfte. Über seinen Schreibtisch liefen die Nachrichten
über Immo-Geschäfte in ganz Österreich, nicht nur jene der
„geerdeten“ Bahnen. Vor allem gab es da eine Option für den Kauf
von zwei Stockwerken des Hauses Schillerplatz 4 an einen bekannten
Wiener Bauträger und Bauunternehmer. Dieser war jedoch
wirtschaftlich und gesundheitlich angeschlagen und
konnte sie nicht nutzen. Da tauchte rechtzeitig Hubers Ehegattin
auf (mit einer Projektentwicklungsfirma, von der sie 25 Prozent
hielt, 75 Prozent hielt Huber, verdeckt durch einen Steuerberater,
selber) und ließ sich von der Telekom, dem Schnäppchenbieter,
das Verkaufsrecht für die wohlfeile Immobilie einräumen.
Von diesem Zeitpunkt bis zu seinem Ausscheiden aus den
ÖBB verdoppelte sich angeblich der Wert dieser Immobilie.
Huber verkaufte sie 2008 an einen Südtiroler Baukonzern,
der mit den Bundesbahnen eng kooperiert. Hierbei
verschwand die ganze Firma des Ehepaares Huber, sie
wurde gleich mitverkauft. Dies alles wie gesagt 2008, als
Huber aufhörte, der Chef aller Bahnen zu sein, und
im Visier der Korruptions - Aufdecker bereits sichtbar
war. Er zog ungerührt seinen Deal durch und verdiente
sich mehrere Millionen Euro nebenbei dazu, allen seinen
Feinden bei Porr, bei den ÖBB, in den Medien und in den linken Parteien zum Trotz.
Der besagte Fall hat eine systemische Dimension: Warum muss
die Telekom einen Fehler im Nachhinein vertuschen? Warum
bietet sie überhaupt Schnäppchen an? - Die auf den ersten
Blick undurchschaubaren Geflechte, die zum Beispiel Andrea Hodoschek („Kurier“) recht genau beschreibt, regen das
Nachdenken über die Gesellschaft sehr an. Die allgemeine
Korruption im unteren Bereich ist ja in Österreich gar nicht
existent. Sie wird von oben her – wie einst bei den korrupten
Fürsten - organisiert und als Korruption derer, die ohnehin schon
genug haben, ist sie für das Gros der Bevölkerung unerträglich.
Ein Fall wie der von Huber zwingt die Öffentlichkeit außerdem,
den Blick auf die Gehälter in den staatsnahen Betrieben zu
richten. Diese sind im Unterschied zu früher transparent, man
kennt sie, auch wenn die Bezahlten darüber vornehm schweigen.
Und ein Spitzengehalt zum Beispiel im Verbund oder bei der OMV
oder bei den ÖBB ist für den Normalverbraucher logisch nicht
mehr zu verkraften. Es liegt höher als ein Ministergehalt und höher als die Monatsgage des Bundeskanzlers. Das aber ist entweder eine
Ungerechtigkeit oder ein Schwachsinn, die Arbeit eines Regierungsmitgliedes im grellen Schein einer täglichen
Öffentlichkeit geringer zu bewerten als das gut abgeschirmte Tun
eines österreichischen Managers in einem monopolartigen Betrieb.