Der Direktor der Freiheitlichen Akademie gab vom Subventionsgeld seiner Anstalt
der Partei keinen Kredit. Da verwandelte die Partei diese Anstalt in eine andere
und der Direktor der Akademie stellte den Parteichef durch Fotos aus dessen Wehrsport-Tagen bloß. H. Ch. Strache gegen Ewald Stadler. Das ist nicht
Kreisky gegen Androsch. Die handelnden Personen sind keine gestaltenden
Politiker und der Konflikt zwischen beiden schwelt nicht mehr innerhalb einer
Partei. Stadler hat die FPÖ März 2007 verlassen. Wer über einen solchen
Prozess berichtet und alle Nebengeräusche weglässt, gibt nur einen –
ehemaligen – Vereinsstreit wieder.
Marcus J. Oswald aber sah und hörte genau hin. Durch seine
Einblicke – und seine Fotos – ist dieser Prozess plötzlich interessant. Er
beobachtete das Verfahren ab dem Zeitpunkt, wo es Kultur ansetzte. In
einer Pause verwickelte er Stadler in einen Dialog. „Gar nix“, sagte der
Politiker auf seine Frage, ob er als Direktor der Akademie etwas verdient
hätte. Doch Stadler verdiente anderswo, vor allem im Parlament.
Dann fotografierte Oswald zwei FPÖ ler mitten in der Pose.
Eduard Schock, ein Finanzchef der Partei, strahlt ihn auf einem Foto
an, und Strache blickt als Über – den – Dingen - Steher in die Ferne.
Am 22. Dezember 2006 soll auf ihn krimineller Druck ausgeübt
worden sein. Stadler soll Johann Gudenus Mitteilung von
„alten Fotos“ gemacht und eine Drohung ausgesprochen haben.
Andere „Altlasten“ standen auch im Raum. Strache will sofort eine Aktennotiz angelegt haben und diese einem Parteimitglied und Notar, Harald Stefan,
zur Beglaubigung übergeben haben. Vor Gericht stand der Verdacht
der Nötigung gegen den Verdacht der „konstruierten Nötigung“, dass
nämlich die notarielle Festschreibung gar nicht am 22. Dezember
2006, sondern erst später erfolgte. Der erste Verdacht hat freilich
größeres Gewicht.
Über Straches Zeugen denkt Oswald, der Internetreporter, nach.
Sie stehen alle hinter Strache wie eine Mauer, und können dennoch dem
Gericht keine Assoziationen oder Anmerkungen zu den anderen Punkten des
Strafantrages liefern. Als konzentrierten sich alle nur auf einen
Punkt. Warum waren bei der Anlegung des Notariatsaktes einschließlich
Strache sieben (!) Personen anwesend? Oswald findet zwei Aldanen,
zwei Vandalen, einen Olympen und einen Waldmärker mit im Spiel.
Er weist auf die Loyalität von Burschenschaftern hin. Stadler will
am 22. Dezember keine Fotos übergeben und in der Folge keine an
die Medien geschickt haben. Nur Hilmar Kabas händigte er – angeblich –
Bilder aus.
Ewald Stadler (rechts), 2001
Diese Fotografien geben Einblick in die Sozialisation eines „vaterlosen“
jungen Rechten. Die Welt des jungen Strache bestand eine Zeitlang
nur aus seiner Mutter und aus schrägen Politvereinen. Trotz engem
Kontakt mit Norbert Burger fand er rasch Eingang in die bürgerliche
Politik. Er musste der Partei nicht bis zum dreißigsten Lebensjahr
seinen Idealismus nachweisen, wie ein Sozi, sondern wurde zügig als Talent gefördert. Als Zwanzigjähriger feierte er mit der Viking Jugend Sylvester
und ein Jahr später war er schon Bezirksrat. Doch die Fotos, die ihn
in der Pose eines Extremisten zeigen, wurden von Leuten, die nicht
mitspielen durften, Leuten im Hintergrund, gut bewahrt.
Stadler wäre durchaus fähig, Strache zu drohen. Warum sollte
er aber Gudenus, einen Strache-Vertrauten, in eine so unerlaubte
Aktion hineinziehen, damit dieser als Zeuge gegen ihn wirken
kann? Am 13. Jänner 2007 beriet der Parteivorstand über
Stadlers Zukunft. Aus dem Gericht gibt Oswald Folgendes
wieder: Strache: „Man sah zwei Wege. Rückzug Stadlers mit
Gesichtswahrung oder Parteiausschluss.“ Richterin: „Wie ging es
mit Stadler beruflich weiter?“ Strache: „Stadler war Nationalrats-
abgeordneter, Stelzl war sein Mitarbeiter.“ Richterin: „Weiter?“
Strache: „Stadler ventilierte in Richtung Klubdirektor, wenn er sich
zurückzieht.“ Das heißt, dass Stadler nach seinem angeblichen
Erpressungsversuch gar nicht bestraft wurde, sondern eine andere,
würdige Funktion erhielt.
Danach gelangten die Fotos an die Presse.
Am 18. Juni 2014 sah es das Gericht als erwiesen an, dass Ewald Stadler seinem
Parteikollegen gedroht hatte, die
Wehrsport-Bilder von Strache in Militäruniform zu veröffentlichen,
sollte dieser die Freiheitliche Akademie in der bestehenden
Form nicht erhalten. Stadler erhielt 14 Monate bedingt und nahm das
Urteil nicht an. Kann die zweite Instanz zu einem anderen Urteil
gelangen? Die offenen Fragen, die man hier dank Oswald stellen
kann, deuten auf Stadlers Unschuld hin, doch die Kraft von Zeugen,
die nicht schwanken, ist sehr stark.