Die an sich wichtigen österreichischen Freidenker verspotten noch immer gern die Religionsinhalte. Eine Rekapitulation.
Die religiöse Vorstellung ist für Freidenker noch immer ein großer Aufreger. Dabei gibt es für sie Wichtigeres zu tun (und sie tun es teilweise), als die Absonderlichkeiten der Glaubensinhalte zu kommentieren. Doch es ist halt so schön, über haarsträubende Naivität und kindliche Geistigkeit einen langen Text zu verfassen oder ein Kabarett aufzuführen.
Zitat aus der hochglänzenden „Freidenker“ – Zeitschrift:
Den Pastafarians wurde eine Verspottung der Religion und des Staates vorgeworfen (2/14, S. 6) Wie soll man diese Spaßreligion anders als einen gegen Religionen gerichteten Gag begreifen?
Das Kultusamt tat sich mit der Ablehnung dieses Vereins als „Glaubensgemeinschaft“ besonders leicht. Weil nämlich die
Pastafarians per se anzeigen, dass sie ihre eigene Religion nicht ernst
nehmen. Über diesen Unterschied hätte man nachdenken können.
Stattdessen das weite Feld des Spaßes: Die diesbezügliche Diskriminierung der Spaghettigläubigen… stellt daher… einen klaren Fall von Spaghettophobie dar.(2/14. S. 6) Es ist als ob ein kabarettistischer Einfall breit getreten werden müsste, etwa als Humor-Gipfel in einem „Open Mind Summit“. Er (der Chefredakteur,
Anm. M.L.) sprach wieder über die Anhänger der Koboldreligion
und das Beleidigen religiöser Gefühle durch die sogenannte Koboldophobie. (1/14, S. 12) Das Bewitzeln von Religionsinhalten steht in der Mitte der Auslage, es ist mit „Atheisten Service“ übertitelt.
Die Verachtung zB. der Jungfräulichkeit Marias oder der Dreifaltigkeit
beinhaltet bekanntlich nicht die Verachtung eines tief religiösen
Katholiken. Sie erfasst den ganzen Menschen erst dann, wenn er
sich selbst oder anderen durch die Befolgung dieser Glaubensinhalte
einen Schaden zufügt. Darum sollte man die Absonderlichkeiten
religiöser Inhalte möglichst im Konnex von Schadensfällen erörtern. Vorher ist auch für einen Freidenker nicht zu erkennen, ob nicht
die religiösen Vorstellungen dem religiösen Menschen für sein
Leben einen Vorteil bieten, der nicht aus der Akzeptanz
seiner Religion stammt.
Zitat: Gegen einen kompetenten Atheisten ist auch ein gut geschulter Theologe argumentativ machtlos. (1/14, S. 39)
Das ist nicht gewiss. Da man bei öffentlichen Diskussionen nicht
diesen Eindruck hat, ist damit vielleicht an Karlheinz Deschner
(in seiner aktiven Zeit) oder an das eine oder andere Mitglied im
HVD gedacht. Wenn ein Pastafaria – Mann mit einem Dompfarrer streitet, so zeigt er einen Nachrichtenmangel zu seinen Ungunsten. Wenn ein SP – Funktionär der Wiener Bildung gegen einen
katholischen Dekan antritt, so sieht das aus, wie wenn ein
Analphabet mit einem Professor diskutiert. Ein Atheist… hat ein wissenschaftliches Fundament und kann daher bei entsprechender Begriffsverdrehung als´fundamentalistisch´ bezeichnet werden (1/14, S. 39). In diesem Fall hätte es der Tapfere mit einem echten Dümmling zu tun, der philosophische Axiome für Atheismus mit der Anwendung von Religion auf Politik verwechselt. Man wünscht ihm bessere Gegner.
"Freidenker" 1/2014 (Teil des Covers)
Erfreulicherweise haben die Freidenker die Spiritualität entdeckt.
Der Atheist verneigt sich… vor dem Rätselhaften aller Existenz.
Er erkennt die Grenzen seines Wissens… unser Nichtwissen vermehrt sich mit dem Wissen um ein Vielfaches, sodass die
Rätsel immer größer werden. (1/14, S. 33) Ist aber voll und ganz bewusst, dass das Spirituelle als das Geistige, das Wirklichkeit hat,
weil es wirkt, neben dem Leben, das das größte Rätsel birgt, einen zweiten Kreis bildet, den des Spirituellen, den die Pflanze und
das Tier nicht, aber der Mensch gut gebrauchen kann (Das
Spirituelle gehört zum Menschen wie seine Nase, Wort im
Vorwort des „Freidenkers“ 2013), der Vorhof des Religiösen ist?
Wenn Ja, so muss der Freidenker den religiösen Menschen nicht
verachten, weil er ja selbst in die Sphäre des Unerklärlichen
eingetreten ist, in der er im Unterschied zum Religiösen schweigt
und nicht zu fantasieren anfängt.
Auf der einen Seite sind die Freidenker davon überzeugt: Die
Religion schmilzt aus der Gesellschaft hinaus. (2/14, S. 58)
Auf der anderen Seite zeigen sie Null Geduld und wollen die
gedankliche Überlegenheit, die sie an sich schon haben, praktisch
angewendet sehen. Christopher Hitchens ist von den Religiösen
bedrängt worden, ob er nicht angesichts des Todes doch noch
beichtet. Er hat gelacht und eine eidesstattliche Erklärung abgegeben, dass, sollte es soweit kommen, er nicht mehr Herr seiner selbst ist. Die Versuchung ist groß… umgekehrt das gleiche
zu tun und nur Leute im Angesicht des Todes in die Magnetresonanz zu schieben, die das wissenschaftliche
Denken nicht verleugnen. (4/13, S. 2) Wie ist das gemeint?
Sollen die gedanklich Schwächeren, die Religiösen, weil sie dazu
fähig sind, einen Sterbenden zu belästigen, durch Vorenthaltung der Medizintechnik bestraft werden? Die eifervolle Unruhe legt nahe,
dass das Recht auf die Gedanken im Kopf des Anderen auch unter Freidenkern noch angemaßt wird, ein wenig wie in alten Zeiten.