DAS IST DIE HOMEPAGE VON MARTIN LUKSAN UND DES VEREINS FÜR RHETORIK UND BILD

 
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Karriere – Störung

Der eben erst fertig studierte Jurist, der schnell erkennt, dass er in der falschen Partei ist, wenn er in Wien was werden will, und der erst durch die Wiener Festwochen sein wahres Metier um das 35. Lebensjahr herum erkennt, sucht einen Aufgang nach oben - und findet ihn. Gerald Matt. Sein Lebenslauf zeigt Mythisierungen, die vielleicht gar nicht von ihm selber stammen, wie jene, dass er die FPÖ verließ, weil sie kein Nationalrats-Mandat für ihn bereit stellte (Heidemarie Unterreiner, FPÖ, sinngemäß: Aber er war ja nur ein paar Monate bei uns!).

Für das, was Matt schließlich wurde und was er vollends zu verkörpern sucht, waren ein Doctor jur. und ein Magister rer.soc.oec. nicht ganz ausreichend. Der Direktor einer Kunsthalle muss die Kunst im kleinen Finger haben, immer schon von Kunst erfüllt gewesen sein und natürlich einen Kunstverein mitbegründet haben (Magazin 4). Man sollte Matt einmal fragen, ob vielleicht auch Werner Hofmann eine Zeitlang sein Vorbild war, denn dieser hatte zeitlebens die ganze Kunst, nicht bloß die Nach dem schwarzen Quadrat, im Auge.
Matt wurde Direktor eines Ausstellungsbetriebs, der mit wenig sinnlichen, oft verschlossenen und immer stark fordernden Kunstobjekten arbeitet, für diese musste er ein Publikum gewinnen. Und er gewann es durch sein Talent für Werbung, und füllte den leeren Raum rund um die Moderne Kunst mit manchem Einfall. Bei der „Wiener Gruppe“ bezog er stark das biografische Material ein und er machte Themenausstellungen wie zum Beispiel zu Edward Hopper. Das Spektrum der Modernen Kunst ist ja in Wahrheit schmäler als seine Verfechter denken und der kluge Kunstvermittler erweitert es durch Assoziation, in der Art von Werbung (die für einen nicht ganz gesunden Energy Drink das Bild eines Tigers oder Bullen aufrichtet).

Aber Matt war und ist auch ein Kind der neuen Menschenführung. Die sog er in Seminaren auf und wandte sie in der Kunsthalle an, die gesteigerte Effizienz – Vorstellung auf Kosten der Mitarbeiter. Diese können davon ein Lied singen, wie sie in der Welt des sanften Umgangs mit Kunst zu Gerald Matt in einen Dauerkonflikt gerieten, an dessen Ende die Entlassung stand. Diese Personen wehrten sich, zB. Thomas Mießgang (ehemals profil) brachte Unterlagen über „Abweichungen und Vorkommnisse“ in der Kunsthalle in die Öffentlichkeit. Niemand soll hier von einer „Minderheit“ reden, denn 47 von 54 Mitarbeitern sprachen Matt das Misstrauen aus (APA, 9. März 2012). Diesen zeittypischen Konflikt zwischen Führung und Personal hat die Zeitung Die Presse mit dem großen Einsatz eines idealistischen Chefs verwechselt, der von seinen Mitarbeitern die gleiche Anstrengung verlangt, die er selbst erbringt (Almuth Seidler).

Gerald Matt Bild

Im Interview mit Barbara Petsch (Die Presse, 22.12. 2011) gab Matt stolz bekannt: Ich bin ein Chef, der Entscheidungen trifft und zu diesen steht (…) Wir leben in einer Krisenzeit, Leadership ist gefragt. Und auf die Frage, wieso so viele eidesstattliche Erklärungen ehemaliger Mitarbeiter ihn belasten: alle Vorwürfe beziehen sich auf die Jahre 1998 bis 2004, also genau auf jene Zeit, in der die Belegspflicht nicht mehr greift. Dass er überhaupt beschuldigt wurde, führte er auf eine Intrige der Grünpartei zurück, die die Umwandlung des Vereins der Kunsthalle in eine GmbH forderte, die eine Besetzung derselben mit einem Grünpolitiker und einem grünen Kurator zur Folge haben würde. In der Tat wurde der Verein durch eine von der Stadtregierung initiierte GmbH ersetzt. Der Aufsichtsrat dieser kleinen Kunsteinrichtung ist nicht mehr ausschließlich mit Matt-Freunden besetzt und dem Leiter der Kunsthalle (heute Nikolaus Schaffhausen) wird nicht mehrheitlich erlaubt, Ressourcen eines staatlich subventionierten Betriebs für private Nebentätigkeit zu nutzen.

Gerald Matt, der die Kunsthalle als Sprungbrett für Höheres benutzte, hat sich der beliebten Abzweigung von Geld offenbar nicht schuldig gemacht, doch sind die Vorwürfe gegen ihn alles andere als geringfügig. Große Reisespesen, große Telefongebühren (für Anrufe rund um den Erdball), Tätigkeiten während der Dienstzeit für andere Museen, Publikationen (vor allem aus der Feder von Mießgang), unter die Matt einfach seinen Namen setzte, der Einsatz von Museumsleuten für die eigene Privatwohnung. Dieser Fürst in seinem Reich hat alle Wichtigkeiten allein bestimmt und sein Vereinsvorstand hat zeitgleich oder im Nachhinein all diese Abweichungen von der normalen Tätigkeit eines Kunsthauses gutgeheißen. Die kaufmännische Leitung der Halle hat nicht protestiert und auch der zuständige Stadtrat hat sich mit den Kunsthalle –„Bagatellen“ nicht befasst. Die Einstellung der Ermittlungen durch die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft hängt wohl mit dem frommen Vereinsvorstand zusammen.

Wolfgang Zinggl, der grüne Kultursprecher, nahm sich der Abweichungen und Vorkommnisse an und löste dadurch einen Aufschrei in der Kunstszene aus. Sogar der verdienstvolle Dieter Schrage wandte sich gegen ihn, ohne den Fall genau zu kennen. Andrea Schurian führte ein Streitgespräch mit Zinggl in der Zeitung Der Standard und war dabei vom gleichen Vorurteil wie Schrage beseelt (ihr war, als würde ein kleinherziger Politiker unter Ausnutzung seiner Immunität einem kreativen Kunstvermittler ins Zeug flicken). Doch wer sonst als ein Politiker kann sich folgenreich mit einem angepassten Kulturmanager befassen, der sich falsch verhält, bei dem die Mitarbeiter machtlos sind, über den gleich gestellte Kollegen nichts Schlechtes sagen und den hoch gestellte Politiker gewähren lassen?

Wir haben, sagte Matt im Gespräch mit Petsch, einen Deckungsgrad von 20 bis 30 Prozent (…) wir sind erfolgreich. Und genau das ist der Haken in der Mentalität dieser vielleicht fähigen, gewiss rührigen und oft abgehobenen Manager der Kultur. Damit sie Erfolg haben, brauchen sie 80 bis 70 Prozent staatliches Fördergeld, dann fühlen sie sich wie in der Freien Wirtschaft und fangen an, frei zu schalten und zu walten. Heute schreibt Matt in der Zeitung Heute Kolumnen über den Kunstbetrieb. Auch über das geplante Haus der Geschichte . Da fließen Adjektive des Lobes unmotiviert in seinen Text hinein. Der hervorragende Historiker Oliver Rathkolb und die tüchtige Direktorin (…) Johanna Rachinger und der Herr Minister, lassen Sie sich nicht beirren (Heute, 25.09.2015) verraten, dass Matt in der Gesellschaft noch was werden will.
Und der Spielverderber Zinggl hat – scheinbar – schlechte Karten, weil er harte Worte über den schrillen Matt öffentlich zurücknehmen muss. Auch die Kunstszene meldet sich zu Wort und faselt von seriöser Politik hat auf der Gerüchtebörse nichts zu suchen (A. Schurian, derStandard.at, 9. Sept. 15). Dabei hatten die meisten der Dokumente im Fall Matt, die sich auf Zinggls Schreibtisch häuften, mit bloßem Gerede nichts zu tun.

© M.Luksan, Oktober 2015

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