Warum sollte ein gut bezahlter Politiker oder Beamter sich
anfüttern lassen oder Gelder abzweigen und dadurch stehlen?
Das erklärt die Küchenpsychologie so: Er ist ein Narzisst, hält
sich für was Besonderes und erlebt, wie durch seine Entscheidung
ein großes Geschäft zustande kommt. Da denkt er sich: Das
ganze Geld für diese Flachköpfe allein, wo doch ich das
Geld zum Fließen brachte? - Diese Erklärung ist aber nur
für eine handelnde Person in einem Theaterstück brauchbar,
sie taugt nicht für das berufliche Umfeld eines Ministers oder
Sektionschefs. Dieser arbeitet in einem System, wo der eine den
andern überwacht und darauf achtet, dass dieser nicht viel mehr
bezahlt bekommt als er selber. Wenn sich der andere durch
Korruption bereichert, lässt das der Untadelige nicht
unbestraft. Dazu kommt, dass eine hohe Führungskraft
nicht vom Personalberater, sondern vom obersten Chef und
von seinen Beratern eingestellt wird, nicht zuletzt deshalb, weil
ihn sein unmittelbarer Chef schon kennt. Die höchste Korruption
ist in der Regel ein schon bestehendes und gut eingespieltes
System.
Bei einem Regierungswechsel befinden sich im Schlepptau
des neuen Kabinetts eine Menge neuer Personen, die
beruflich untergebracht werden müssen. In Ministerien,
Bundesämtern, Staatsbetrieben. Eine Regierung wie die
von Wolfgang Schüssel (2000, 2002) besetzte einerseits
Staatspositionen mit ihren Leuten und baute andererseits den
Staat um. Sie nannten es „Verkleinerung“. ZB. nach der Teilung
von Post und Telefon drängte Schüssel auf die Privatisierung
der Telekom Austria, was auch geschah. Der Staat verkaufte
seine Anteile, in der Regel zu billig, an Private, wofür sofort
illegales Geld floss. Zugleich wurde der ohnehin boomende
Telefonbereich der Telekom durch Gesetze wie die Neuregelung
des Universaldienstes (in der Telekommunikation) aufgewertet.
Dafür gab es ebenfalls verdeckte Zahlungen. Das illegale
Entgelt für diesen Vorteil war von der aufgewerteten Telekom
zu bezahlen.
Bei Privatisierungen (aber auch bei Staatsaufträgen, wovon
am Schluss Rede ist) fallen die höchsten Schmiergeld-Beträge
an. Das staatliche Eigentum wird nicht exakt bewertet und
die Privaten wollen Schnäppchen kaufen. Es kann sich aber
niemand allein durch dieses Geld bereichern, ohne dass
das Gleichgewicht der wechselseitigen Abhängigkeiten gestört
wird. Die Partei selbst finanziert sich durch illegale Zahlungen, die
bei Privatisierungen anfallen, in dem Fall die ÖVP. Sie kommt –
so wenig wie FPÖ und SPÖ – mit dem Mitgliedsbeitrag, der
Spende und der staatlichen Förderung aus. Sie benötigt auch
die illegale Zahlung, zumal es die große Parteispende
von Firma oder Gewerkschaft in Österreich nicht gibt.
Um den Weg der Privatisierung zu ebnen, holte die Regierung
Personen herbei, die mit dem Risiko von Glücksrittern zwischen
Ministerien, staatsnahen Betrieben und der Privatwirtschaft hin -
und her wieselten und die verschiedenen Pläne, Einschätzungen
und Möglichkeiten aufschnappten und mitteilten. Peter
Hochegger war ein Glücksritter. Und er tat es im geheimen
Auftrag anderer, die an hoher Stelle saßen. Die Pläne der
anderen und die Höhe der Beträge konnte er nicht selbst
bestimmen (nur seinen Anteil daran), er nahm die Gelder
in Empfang formulierte die Scheinrechnungen selber
und leitete das Geld weiter, an wen auch immer. Er war ganz
vorne an der Front, eine Person, die den Kopf hinhielt,
für den Fall, dass ein Deal illegal sein sollte und verfolgt wurde.
Er hat die Gelder auch versteuert.
Schüssel kannte die Glücksritter (P. Hochegger, W. Meischberger,
G. und E. Rumpold etc.) gewiss nicht näher, doch er kannte
die Minister, die er eingesetzt hatte und denen er seine Endziele
vorgab. Später behauptete er, nicht gewusst zu haben, welche
Personen er mit K. - H. Grasser, E. Strasser und H. Gorbach
zu Ministern gemacht hatte. „Ich kannte Strasser durchaus.
Doch das, was ich dann erfuhr, hat mich sehr enttäuscht.“ Die
Öffentlichkeit glaubte das nicht, aber sie nagelte Schüssel
nicht darauf fest, dass er bei den besagten Personen sicher
gewesen war, sie würden sein Ziel der Privatisierung unbedingt,
verfolgen. Auch bei Gefahr von Illegalität. Es war vielleicht sogar
ein geheimer Auftrag dieses „Schweigekanzlers“, dass bei Buwog
und Telekom verdeckte Zahlungen fließen sollten. Denn wenn
Ja, würde ein Teil davon in die ÖVP fließen.
Bei der Blaulicht-Affäre TETRON wurde der Republik Österreich
ein Schaden in der Höhe von 30 Millionen Euro Stornokosten
zugefügt. Die Republik in der Gestalt ihres Innenministers
Strasser stieg aus einem längst beschlossenen und gültigen
Vertrag mit der Telekom und ihrer Firma „Mastertalk“ aus.
Warum tat sie das? - Schüssel wird davon gehört haben -
weil Mensdorff – Pouilly, auch er ein Glücksritter, das Geschäft
mit dem einheitlichen Polizei- und Behördenfunk TETRON
für den US Konzern „Motorola“ sicherstellte. Der Auftrag
wurde neu vergeben – an Motorola, Alcatel und Telekom (als
Netzanbieter, auch in der zweiten Version). Für diese
zweifelhafte Großtat flossen die Schmiergelder an den
österreichischen Grafen. Den kannte nicht nur Ernst Strasser,
auch Wolfgang Schüssel ganz genau.
© M.Luksan, November 2019
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