Ein Landeshauptmann möchte, dass beim Verkauf einer heimischen
Bank an eine ausländische Bankengruppe ein Teil des lukrierten
Geldes für Zwecke, die er selbst freihändig bestimmt, abgezweigt
wird. Eigentlich sollte er (Jörg Haider) nur die größtmögliche
Verkaufssumme in die Landeskasse schaffen, doch er sagt
sich: Das demokratisch kontrollierte Geld ist nur das halbe Wohl des
Landes, die andere Hälfte definiere ich, denn ich habe mehr Einblick in das Wohl der Region als der von Streitereien und Kleinlichkeiten
geblendete Landtag.
Auf einer anderen Ebene möchte ein Finanzminister der Einmietung mehrerer Finanzämter in ein gerade gebautes Hochhaus nicht
zustimmen, ehe nicht der verantwortliche Baukonzern zusagt,
einer Drittperson eine Vermittlungsprovision zu bezahlen. Eigentlich
sollte der Minister (Karl-Heinz Grasser) nur die billigste Miete für
die Republik erwirken respektive die Höhe der Baukosten herunter-
drücken, doch er sagt sich: Ich habe bei den Verhandlungen dem
Staat so viel Kohle erspart, dass nun ein Goodie für mich und die
Meinen selbstverständlich ist. Florian Klenk hat den O – Ton von
Grasser im „Falter“ abgedruckt (F. Klenk, Eine Geschichte von dir,
Falter 37/13, S. 17) (Grasser am Telefon zu Meischberger: bei
der Linzer Geschichte ist richtig, dass das ein bisschen länger
gedauert hat (…) aber das war eine Frage der Kosten, wo ich immer
wieder Druck gemacht habe, die Kosten zu senken (...) und wir
haben natürlich ein bisserl hin und her getan, weil es ja (…)
kostenmäßig gut überlegt werden musste, wo man mit den
Mitarbeitern reden musste, aber am Ende des Tages… haben
wir das dann über die Bühne gebracht. Die Pensionsversicherung
ist ja auch reingegangen übrigens (…) Und an anderer Stelle
sagt Meischberger: er kann aber sagen, dass die Rechnung
eine Geschichte von dir war und er nur als Rechnungslink gedient
hat.)
Der Minister – genauso wie der Landeschef – fühlt sich wie ein König, der die Finanzhoheit über das Staatsbudget hat.
Weil er aber eben kein König ist, sondern nur ein gewählter
Amtsträger, verschleiert er die Geldabzweigung trotz des guten Gewissens, das er subjektiv hat. So entsteht das System von Scheinangeboten und Scheinrechnungen, das den Zweck hat,
den selbstherrlichen Umgang des Regierenden mit Steuergeld und Staatsbesitz zu verschleiern.
Offen zutage trat die Selbstherrlichkeit des Jörg Haider, die einem
Teil der Kärntner Bevölkerung gefiel und über die Parteigrenze
hinweg geduldet wurde. Andernfalls hätte Josef Martinz (ÖVP)
den verschiedenen Deals mit Haider nicht zugestimmt und
Haider wäre dadurch zu raffinierteren Verschleierungen seiner
Geldabzweigungen gezwungen worden. Es war einer dieser
„unglaublichen Beratungs-Jobs“ (W. Fellner), der dem Steuerberater
Birnbacher von Haider aufgedrängt wurde, als man überlegte,
die 6 Milllionen Euro vom Geld der Landesholding abzuzweigen
(Verkauf der „Hypo Alpe Adria“ Bank an die Bayerische
Landesbank). Birnbacher selbst schätzte vor Gericht den Wert
seiner Beratungsleistung mit maximal „300 000 Euro“ ein. Er
konnte aber dem Richter nicht klar sagen, warum er dann
das 20 fache dieses Wertes entgegengenommen hatte.
Er wollte schließlich nichts über das Kärntner Korruptionssystem
aussagen. Er sagte nur: Ich habe es für möglich gehalten, dass irgendwann einer kommt und sagt: Jetzt zahlst mir was. (Dieser
Eine oder Andere ist im Korruptionssystem natürlich kein
Unbekannter.)
Der von oben her initiierte Betrug am Staat und an der
Bevölkerung (der mit persönlicher Bereicherung nicht
verbunden sein muss) ist – ähnlich wie bei der OK – ohne
mehrere loyale und verschwiegene Personen, die das Geld
entgegennehmen, versteuern und weiterleiten, nicht recht
denkbar. Die Verlässlichkeit des Weiterleitens ist ganz
wichtig – Peter Hochegger hatte sie offenbar in hohem
Maße. Trotzdem sind Meischberger und Grasser gerade
über ihn beunruhigt. (Meischberger im Telefonat: er (Hochegger)
kann aber sagen, dass die Rechnung eine Geschichte von
dir war und er nur als Rechnungslink gedient hat… Grasser:
na ja, das kann er ja sagen, oder? …Meischberger: was auch
logisch ist, durch die 90 zu 10 Aufteilung… Grasser: genau…
Meischberger: Das wird er auch sagen…)
Durch sein großes Hintergrundwissen hat Florian Klenk die
Logik dieser halbsouveränen Geldabzweiger klar und
schrittweise gezeigt. Das erste, was dem Geld abzweigenden
oder Geld erpressenden Amtsträger einfällt, ist die
Vermittlungsprovision für etwas, das niemand geleistet hat.
Im Fall des Terminal Tower Linz war Grasser von Anfang an
mit den beiden Besitzern des Hochhauses in Kontakt (Porr
und Raiffeisen). So ist eine Vermittlung in diesem Fall
unglaubwürdig, sogar absurd. Dann musste Hochegger für
Meischberger die Rechnung legen, der sich nicht selber an Porr
wenden sollte. Und schließlich kam der Chef von Porr (Horst Pöchhacker) auf die Idee, dass eine geleistete Studie und keine geleistete Vermittlung bezahlt werden sollte. So geschah es auch. Meischberger wurde für eine Studie über Ostgeschäfte mit 200 000 Euro bezahlt, die ein Mitarbeiter von Porr eigens hatte erstellen
müssen.
Beim Terminal Tower Linz bleibt die Frage offen, ob Porr nur für die
Einmietung in das Hochhaus den Betrag bezahlt hat oder auch für
etwas anderes. Wie auch immer: Der gute Trend fällt auf. Das
öffentliche Bewusstsein hat sich bei Untreue, Schmiergeld und
Parteienfinanzierung verschärft (elektronische Kommunikation,
elektronische Buchhaltung und Internet erhöhen die Transparenz).
Die Verurteilungen mehren sich - zunächst nur in erster Instanz,
aber immerhin.
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